Mystische Hekate – 3-gestaltige Göttin der Transformation und des Übergangs

22. März 2022
Artikel aktualisiert am 06.11.2023

Hekate, vor-olympische Magna Mater, Heilerin, Hebamme und Zauberin bringt mit ihren Fackeln Licht in unsere dunklen Seiten. Die dreigestaltige Göttin behielt ihre Faszination durch die Zeiten und trat als schicksalhafte Göttin, die gibt und nimmt, als Führerin durch die Unterwelt, Weltseele, Beschützerin und Wächterin von Straßen und Kreuzwegen in Erscheinung.

Hekate ist Zeugin, wenn wir uns unseren dunklen Seiten, unseren „Schatten“ zuwenden und hilft uns, diese zu „erleuchten“.

Als Göttin der Transformation und des Übergangs stärkt sie unsere intuitiven Fähigkeiten und hilft uns, Verborgenes zu entdecken. Und sie zeigt uns Wege, das auf erfrischend neue Art zu integrieren – mit der Gelassenheit und dem Weitblick der „weisen Alten„, möglicherweise auch mit einem herzhaften Lachen.

Mythologie

Hekate hat ihren Ursprung wahrscheinlich in Kleinasien und war eine der Verkörperungen einer archaischien „großen Mutter“, die alle Aspekte einer Frau einschließt – die hellen und die dunklen Seiten. In der griechischen Mythologie ist sie Tochter des Titanen Perses und der Sternengöttin Asteria.

Dreigestaltige Göttin

Hekate - dreigestaltige Göttin. 3 Frauenfiguren stehen Rücken an Rücken.Ursprünglich war Hekate eine Licht- und Mondgöttin, Hüterin der Türen und Tore und in dieser Funktion auch eine Hausgöttin, die die Türschwelle bewachte und böse Geister fernhielt. Als Mondgöttin repräsentierte sie Schönheit, Licht und über zunehmenden, vollen und abnehmenden Mond eine dreigestaltige Göttin. Erst später wurde sie zu einer Göttin der Magie und Zauberei. Ihre Dreigestalt bezog sich im Laufe der Zeit auf Verschiedenes:

  • Erde, Wasser und Himmel
  • Unterwelt, Erde und Himmel
  • Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
  • drei Lebensphasen einer Frau: Mädchen, Mutter, Alte
  • zunehmender Mond, Vollmond, abnehmender Mond

Das hört sich in der griechischen Mythologie so an:

„Und in dieser dreifachen Beziehung auf Himmel Erde und Meer schildert sie schon die Hesiodische Theogonie, als überall mächtig und sehr gelehrt, dabei für das menschliche Leben sehr nützlich, in Handel und Wandel, auf dem Meere, im Kriege, auch für Rossezucht Jagd und Viehzucht, endlich für Geburtshülfe und Kinderzucht“1

Und bei Heide Göttner-Abendroth so:

  • „Im Himmel „wohnt die helle, jugendliche, atmosphärische Göttin, verkörpert im jagenden Mädchen.“
  • Die Mitte – Land und Meer – ist Wohnung der Frauengöttin, „die mit ihrer erotischen Kraft Erde und Gewässer, Tiere und Menschen, Land und Meer fruchtbar macht und damit das Leben erhält.“
  • „In der Unterwelt wohnt die Greisingöttin, die Todesgöttin als Alte Frau, welche alles Leben im Abgrund auflöst und zugleich aus der Tiefe wiederauferstehen lässt. Sie ist die mysteriöse Gottheit ewigen Untergangs und ewiger Wiederkehr; sie bestimmt die astronomischen Zyklen (Untergang und Aufgang der Sterne) und damit auch die Zyklen der Vegetation und des menschlichen Lebens; damit ist sie die Herrin der kosmischen Ordnung und die ewige Weisheit in Person.

Alle drei Gestalten bildeten eine Gottheit, sie seien nie völlig voneinander getrennt. Ihr Symbol sei am häufigsten der Mond mit seinen drei Phasen, als aufgehender Sichelmond Symbol der Mädchengöttin, der rote Vollmond repräsentiere die Frauengöttin und der unsichtbare Neumond sei der Unterweltsgöttin zugeordnet. Dementsprechend seien die heiligen Farben des Matriarchats auch weiß, rot und schwarz.“2

Name und Bedeutung

Hekates Name leitet sich möglicherweise von Heket ab, der ägyptischen Göttin der Geburtshilfe, die jeden Morgen den Sonnengott aus der Dunkelheit befreit. Neben ihrer am besten bekannten Bedeutung als Göttin der Wegkreuzungen und Übergänge galt sie als Göttin der Hebammen, der Geburt, der Fruchtbarkeit, des Neumonds, der Magie, des Wohlstands und der Erziehung.

Sie steht für Transformation, Grenzen, und Übergänge. Ihre Symbole sind Fackel, Schwert, Dolch, Strick, Schüssel, Schlange, das „Rad der Hekate“ und die Zahl 13. Wie Isis hatte sie auch den Beinamen „die mit den vielen Namen“, in Ovids Metamorphosen wird Hekate als einer der vielen Namen der Isis genannt. Gleichgesetzt wurde sie unter anderem mit Kybele, Artemis, Diana, Selene, Enoida und Persephone. Als Herrin der Tiere mit ihrer Gefolgschaft von wilden Hunden und anderen Tieren erinnert sie an die wilde Jagd und die Percht des Alpenraums.

Die Zahl 13

Das Rad der Hekate, rundes Symbol

Eines ihrer Feste findet am 13. August statt. Das Unglück, das mit der Zahl 13 verbunden wird oder auch die „13. Fee“ sind Symbol eines Übergangs der Zeitrechnung, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten in verschiedenen Kulturen vorgenommen wurde. Die 13 Monate des lunaren Kalenders entsprachen den 13 Mondumläufen innerhalb eines Jahres – und den 13 Menstruationszyklen der Frau. Mit der Einführung patriarchaler Sozialsysteme (und Göttersysteme: 12 GöttInnen im Olymp, 12 Apostel…) wurde der Kalender auf 12 Monate umgestellt, der solare Kalender wurde eingeführt.

Das führte dazu, dass die Zahl 13 den nicht mehr vorhandenen und verpönten dreizehnten Monat des mutterrechtlichen Systems repräsentierte – und die damit verbundene Muttergöttin. Die Zahl 13 wurde ein negatives Symbol. In manchen Hochhäusern gibt es deshalb kein 13. Stockwerk, manche Fluglinien haben keine 13. Sitzreihe in ihren Flugzeugen.  Und für die 13. Fee gibt es keinen Platz mehr an Dornröschens Geburtstagstafel.

Für die phobische Furcht vor der Zahl 13  gibt es sogar einen Fachausdruck: Triskaidekaphobie oder Paraskavedekatriaphobie Bezeichned ist, dass Hekate die einzige der von Olympiern besiegten Titanen war, die ihren Platz neben den 12 olympischen GöttInnen behalten hatte.

2018 wurde die älteste bisher bekannte Büste der Hekate in Selinunte in Sizilien gefunden: In den Ruinen dieser altgriechischen Stadt wurden Darstellungen von Hekate, Demeter und Persephone gemeinsam gefunden, Hekate hatte auch ihren Platz in den eleusinischen Mysterien. Dort begleitete sie die Frauen auf dem Weg zu ihrer Initiation.

Hekate als Archetyp

Hekate als weise Alte. Alte, weißhaarige Frau lacht.Die weise Alte

In der Trinität

Perspehone (Kore, das Mädchen) – Demeter (Mutter) – Hekate

stellt Hekate die weise Alte dar. Diesem Archetypus werden Mitgefühl, Weisheit, Transformation, Heilung, Gerechtigkeit, Tod und Übergang zugeschrieben. Sie ist die angesehene ältere Frau, die Großmutter oder die Matriachin im Zentrum der Familie, die ihr Wissen und ihre Lebenserfahrung teilt.

Sie weiß um die Nöte und Übergänge des Lebens, hat ihre weibliche Kraft entwickelt und kennt die Geheimnisse von Tod und Magie. Sie sagt, was sie denkt und ist nicht von Lob oder Tadel abhängig. Für die Entscheidungen, die sie uns abfordert stellt sie die Kraft der Intuition zur Verfügung. Sie lernt aus ihren Fehlern und ist bereit durch die Dunkelheit zu gehen, wenn es erforderlich ist.

Hekate wird als „große Göttin“ aber auch mit Persephone, Artemis und Demeter verschmolzen oder sie bewegt sich zwischen diesen Rollen. So tragen sowohl Persephone als auch Hekate den Beinamen „Königin der Unterwelt“. Ein Hinweis darauf, dass die „weise Alte“ auch Kenntnis von allen anderen Lebensaltern einer Frau hat. In frühen Darstellungen ist Hekate als schöne junge Frau mit zwei Fackeln zu sehen. Spätere Darstellungen zeigen eine manchmal furchterregende alte Frau, die in der Dunkelheit die wilde Jagd anführt und von Hunden begleitet wird.

Im Demetermythos hört Hekate die Hilferufe Persephones. Sie zeigt Demeter aber nicht die Lösung, sondern den Weg dorthin – sie schlägt ihr vor, Helios zu fragen. Nachdem Mutter und Tochter wieder vereint sind, wird Hekate zu Persephones Führerin und Begleiterin.

Hekates Garten, TollkirscheHekates Garten und Göttin der „Hexen“

In Rom verschmolz Hekate mit Diana, beide wurden wichtige Göttinnen für europäische Heilerinnen und Schamaninnen.

Seit ich den Vortrag „Von den weisen Frauen“ von Renate Fuchs-Haberl, der „Wildmohnfrau“ gehört habe, kann ich das Wort „Hexen“ nicht mehr unbefangen gebrauchen. Vieles davon war mir schon bewusst, z.B. dass die Hexenverfolgungen nicht Produkt eines Wahns im „finsteren Mittelalter“ waren, sondern ein durch kirchliches und weltliches Recht legitimierter, systematischer Vernichtungsfeldzug gegen Frauen zu Beginn der frühen Neuzeit (Ende des 15. Jahrhunderts). Diese Frauen waren keine Hexen sondern Priesterinnen der vorchristlichen Göttinnen, Schamaninnen, Hebammen und (Kräuter-)Heilerinnen.

Was ich nicht wusste: Sie nannten sich selbst nicht Hexen.

„Im Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens heißt es: „Der Inhalt des Wortes Hexe wurde durch die kirchliche und staatliche Gesetzgebung festgestellt und zuerst durch die Ketzer-Inquisition zusammengefasst. Der neue Begriff Hexe war um 1480 fertig.3

Wenn du dich für dieses Thema interessierst, kann ich dir den oben genannten Online-Vortrag wärmstens empfehlen!

In Hekates Garten wuchsen also Zauberkräuter – Heilkräuter und „unheilvolle Pflanzen“, die sowohl heilen als auch töten konnten. Als Geburtshelferin und Sterbebegleiterin kannte sie die Geheimnise von Schwangerschaft und Geburt – und auch wie frau beides verhindern kann. Möglicherweise machten sie ihre Kräutermagie auch zur Göttin nordeuropäischer Kräuterheilerinnen und Schamaninnen.

Eigenschaften der Hekate

Hekate - Wachstum durch Veränderung, eine junge Pflanze wächst durch SteinZeugin

Hekate wird oft mit drei Gesichtern dargestellt und gilt als „allsehend“. So ist sie die einzige Zeugin von Persephones Entführung. Später ist sie Zeugin ihres Aufenthalts in der Unterwelt und wacht so darüber, dass die Vereinbarung eingehalten wird. Doch allsehend zu sein heißt bei ihr nicht, dass sie sofort handelt. Vielmehr verkörpert sie „die Veränderung selbst“ und wird auch mit Schicksal, Zufall, Werden und Vergehen in Verbindung gebracht. Sie ist also nicht nur die Allsehende, sondern Zeugin, Wächterin, diejenige, die mit ihrer Fackel Licht in Verborgenes bringt.

Sie bewacht Schwellen und Übergänge, ist Zeugin von Schmerzen, Depressionen, Traumata und allem Schicksalhaftem. Übergänge sind nicht immer angenehm, aber unvermeidbar auf dem Weg zu Wachstum und Veränderung. Sie macht uns Chaos, Unordnung, Mehrdeutigkeiten und Unsicherheiten und die Notwendigkeit von Entscheidungen bewusst.

Wegweiserin und gleichzeitig „Lichtbringerin“

Die Göttin steht für Veränderung schlechthin, dabei ist es unbedeutend, ob Veränderungen von Unbehagen und Leiden begleitet werden. Sie begleitet die Übergänge zwischen Leben und Tod, steht für Geburt und Sterben und hilft uns, los zu lassen und Grenzen aller Arten zu überschreiten. Sie ist Wegweiserin durch die eigene chaotische Unterwelt, Göttin der Transformation und stellt mitten in tiefster Dunkelheit neue Möglichkeiten und Wege in Aussicht.

Schatten und Entwicklungsmöglichkeiten

Hekate ist per se die Göttin unserer dunklen Seiten und hilft uns, diese zu beleuchten. Bezogen auf die alte Frau kann sich ihr Schatten aber auch in verschiedenen Formen zeigen: die Unwilligkeit aus Fehlern zu lernen, anderen die Schuld am eigenen Unglück geben, Verbitterung, starre Überzeugungen, Isolation und die Unfähigkeit los zu lassen. Die Bereitschaft aus Fehlern zu lernen und sich an veränderte Umstände anzupassen sind die Entwicklungsmöglichkeiten dieses Archetyps.

Tanz der Göttinnen

Mit tanztherapeutischen Methoden können all diese Eigenschaften direkt erfahr- und erlebbar gemacht werden. Mit viel Leichtigkeit und Freude kannst die „Hekate-Anteile“ in Dir entdecken und Deine Entwicklungsmöglichkeiten kennen lernen.


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Mehr zu den theoretischen Hintergründen dieser Göttinnen-Seminare kannst Du hier und hier nachlesen


1: Ludwig Preller, Griechische Mythologie Band 1

2: Vergleiche Heide Göttner-Abendroth: Die Göttin und ihr Heros. München 1984, S. 17 ff. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Matriarchatstheorien#cite_ref-131

3: Bächtold-Stäubli, Hans (Hrsg.); Hoffmann-Krayer, Eduard: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Berlin : Verlag Walter de Gruyter, 1987, Nachdruck der Ausg. Berlin 1927-42. Aus: Wisselinck, Erika: Hexen. Warum wir so wenig von ihrer Geschichte erfahren und was davon auch noch falsch ist. München: Frauenoffensive 1987, zitiert nach https://www.hexenprozesse-leipzig.de


Fotos: canva.com

Ashra Baladi Skriptum

Kommentare

2 Kommentare

  1. Stephan

    Liebe Astrid Pinter,

    vielen Dank für Ihren faszinierenden Artikel über Hekate, die Göttin der Übergänge, auf Ihrer Webseite. Ihre detaillierte Darstellung von Hekates Rolle in der Mythologie und ihre Bedeutung als Symbol für Transformation und Wachstum hat mich sehr berührt. Mich würde interessieren, welche persönlichen Erfahrungen oder Erkenntnisse Sie dazu bewogen haben, sich so intensiv mit Hekate zu beschäftigen. Glauben Sie, dass die Verehrung alter Göttinnen wie Hekate einen Weg bieten kann, unsere moderne Welt besser zu verstehen und zu navigieren?

    Mit freundlichen Grüßen,

    Stephan

    Antworten
    • Astrid Pinter

      Hallo Stephan,

      Dankeschön für deine Gedanken zu dem Thema. Mir geht es nicht um die Verehrung alter Göttinnen. Ich sehe das Thema aus der psychologischen Seite und verstehe Göttinnen als archetypische Muster nach C.G. Jung. Es geht um die Vielfalt an Eigenschaften und Verhaltensweisen, die Frauen ausmachen.

      Das Verständnis dieser Muster kann Frauen helfen, ihre Stärken und Schwächen besser zu verstehen und befreit uns von genormten Weiblichkeits-Vorstellungen.

      Mehr dazu auch hier:
      https://astrid-pinter.at/weibliche-archetypen

      Das selbe gilt natürlich für Männer und archetypische Götter-Figuren.

      Liebe Grüße
      Astrid

      Antworten

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