Reise nach Aegypten – ein nie veröffentlichtes Interview (2019)

7. April 2024

Meine Reise nach Ägypten im Frühjahr 2019 war der Anlass, dass ich von einer deutschen Bauchtanz-Zeitschrift zu meinen Tanzreisen interviewt wurde. Das Interview wurde nie veröffentlicht – warum weiß ich bis heute nicht. Nun, auf der Suche nach einem anderen Artikel ist es jetzt – im Fühling 2024 – wieder aufgetaucht, zu schade, um einfach in der Schublade zu verschwinden.

Wie kommst du darauf, eine Reise nach Aegypten für Tänzerinnen anzubieten?

Ich unterrichte schon seit 1995 Orientalischen Tanz, 1998 habe ich Liza Wedgwood und Erna Fröhlich kennen gelernt und mich seitdem ganz auf traditionellen und modernen Tanz in Ägypten konzentriert. Da lag es schon bald nahe, auch eine Tanzreise ins Ursprungsland anzubieten. Ich habe länger gesucht, aber nicht genau das gefunden was ich wollte, bis ich von Brigitte Ferchichis Angebot,Tanzreisen zu organisieren, erfahren habe. Das war dann genau das, was ich mir vorgestellt hatte.

Was ist dein Ziel?

Ich möchte mit diesen Tanzreisen den Teilnehmerinnen Tanz, Musik und Kultur in Ägypten nahebringen, sie das ägyptische Lebensgefühl erleben lassen, die Art wie sich die Menschen bewegen, wie sie kommunizieren und natürlich wie sie tanzen. Mit unserem Tanz begeben wir uns ja in eine andere Kultur und die spiegelt sich natürlich im Tanz wieder. Der Umgang mit Zeit zum Beispiel. Oder mit Struktur und Freiheit, mit Improvisation, Gelassenheit und vielem mehr. Das hilft uns, den Tanz besser zu verstehen und zu integrieren. Und bringt eine Erweiterung der eigenen Perspektive ganz allgemein.

Was kann man nur in Ägypten authentisch lernen?

Im ersten Moment fällt mir ein: Gelassenheit, Freude an Improvisation, Entspannung in die Bewegung, mit dem Herzen dabei sein. Und da ist vor allem die Live-Musik. Es gibt diese typisch ägyptische Art wie Musiker miteinander und mit der Tänzerin improvisieren. Das habe ich noch nie bei Musikern aus anderen Ländern gesehen bzw. gehört.

Wie kommst du darauf, als Dozentin dich für so eine Reise zu entscheiden?

Wie gesagt, wer ägyptischen Tanz unterrichtet muss einfach nach Ägypten. Das ist ja auch für mich wichtig. Ich möchte immer mehr von der Kultur, der Musik, dem Tanz kennen lernen. Genauso wie ich als Englisch-Lehrerin in ein englischsprachiges Land wollen würde. Dazu gehören natürlich auch Workshops mit einheimischen TänzerInnen wie z.B. Tahtib, Ghawazi oder nubisch.

Was ist dein Ziel speziell hier in Ägypten im Unterricht, beim Orientalischen Abend?

Mein Ziel im Unterricht ist, die Verbindung von Kultur, Musik und Tanz zu zeigen.

Live-Musik

Wir tanzen in Ägypten ja ausschließlich zu Live-Musik. Ich möchte, dass die Teilnehmerinnen ihre Freude an der unmittelbaren Bewegung zur Musik, am unmittelbaren Ausdruck entdecken.

Improvisation und Gelassenheit

Das es weniger wichtig wird, welche Schritte und Bewegungen wir machen, sondern dass wir uns mit der Musik verbinden, uns ein wenig vom Perfektionismus verabschieden und uns auf Unvorhergesehenes einlassen können. Zum Beispiel zu erleben, dass die selbe Band das selbe Stück nicht immer gleich spielt und dass das nicht irritierend, sondern bereichernd ist.

Hafla

Bei unserer Hafla, also dem Orientalischen Abend ist es mir wichtig, möglichst viel Kontakt zu den Menschen im Land zu bekommen. Da sind immer auch FreundInnen der Leute dabei, die für uns vor Ort organisieren – und deren Kinder. Es gibt keine Show, aber ein Fest für alle. Und das ist immer sehr lustig und herzlich.

Wie sieht dein Unterrichtsstil aus, was ist dir wichtig zu vermitteln?

Reise nach Aegypten - Hotel in Luxor: Pool und eine kleine Terasse mit Vorhängen davor, Liegestuhl am Pool

Reise nach Aegypten – Hotel in Luxor

Wie schon vorher gesagt, habe ich mich ganz auf Tanz in Ägypten konzentriert. Dazu kommt aber, dass ich auch Tanztherapeutin bin und mich auch die körperlich-seelischen Zusammenhänge interessieren. Um es kurz zu sagen – mein Ziel ist es, „die Musik sichtbar werden zu lassen“. Das heißt, ich möchte den Teilnehmerinnen vermitteln, wie sie sich gut mit der Musik verbinden können und das, was die Musik in ihnen auslöst ausdrücken können. Das ist für mich auch der spirituelle Teil des Tanzes. Und der wird auch jedes Mal durch ein Zikhr (ein Sufi-Ritual) unterstützt.

Wie ist die Reise für dich abgelaufen. Was waren deine Highlights, was hast du vermisst?

Die Reise war wie immer voller schöner Momente. Die Highlights waren diesmal der Tahtib-Workshop mit einem einheimischen Tänzer und der Workshop mit Khyriyya Mazin. Wenn irgend möglich werden wir das bei der nächsten Reise wieder einbauen. Wir waren diesmal ja ausnahmsweise eine Woche in Luxor und nicht wie üblich mit einer Dahabeya von Luxor nach Assuan unterwegs.

Das hatte den Vorteil, dass wir andere Tempel besichtigen konnten. Dendera und Abydos waren sehr eindrucksvoll und sind wirklich sehenswert. Und wir konnten eben Workshops mit TänzerInnen in Luxor organisieren. Natürlich alles mit Live-Musik. Vermisst habe ich aber den engen Zusammenhalt und die Verbindung der Frauen untereinander, der bei so einer Schiffsreise entsteht. Auch wenn jede durch das große Deck mit den vielen Sofas viel Freiraum hat, treffen wir uns doch Abends immer an Deck. Dann wird Musik gemacht, gehört, getanzt, getratscht und sehr viel gelacht.

Die kommende Reise wird Ende Februar 2020* auch wieder eine Dahabeya-Reise sein. Wir werden versuchen, trotzdem Workshops mit einheimischen TänzerInnen in Luxor einzubauen. Es gibt außerdem auch in Assuan immer die Gelegenheit, mit Einheimischen in den nubischen Tanz und das typische Lebensgefühl einzutauchen.

Wie fandest du die Atmosphäre bei deiner Reise nach Aegypten?

Die Atmosphäre war herzlich und angenehm, jede Frau hatte so die Gelegenheit, auch alleine oder in kleinen Gruppen unterwegs zu sein und Luxor zu erkunden. Und meine Teilnehmerinnen haben das auch genutzt. Wie vorher schon gesagt, die Atmosphäre war deshalb nicht so dicht wie bei einer Bootsreise. Beides hat Vor- und Nachteile.

Im Unterricht, bei der abschließenden Hafla, in der Gruppe

Die Live-Musik macht einfach immer eine entspannte, schöne, „typisch ägyptische“ Atmosphäre. Ich habe noch nie eine Frau erlebt, deren Herz nicht durch die Musik berührt worden wäre. Das ist ein unglaublicher Vorteil für meinen Unterricht. Und macht natürlich aus unseren Abschlussfesten etwas ganz besonderes. Auch weil immer Bekannte, FreundInnen, Verwandte von Musikern und OrganisatorInnen dabei sind. Diese Feste sind immer sehr offen, fröhlich und entspannt.

Was ist dein Fazit der Reise, was hast du gelernt sowohl tänzerisch als auch was die ägyptische Mentalität anbelangt?

Tänzerisch hat mich diesmal Khyriyya Mazin sehr motiviert. Ich bin noch immer berührt von ihrer Einfachheit, Klarheit, Ausdruckskraft, Bestimmtheit, ihrer Kommunikation mit der Musik und mit den Musikern. Der Tahtib-Workshop hat die Kraft und Klarheit, die genauso zum Ägyptischen Tanz gehören, vermittelt. Das hat mir sehr viel für meinen Tanz gebracht. Die ägyptische Mentalität lässt sich gar nicht davon trennen. Ich kann in Ägypten jedes Mal Stress loslassen, mich entspannter, weicher, leichter und gleichzeitig konzentrierter und klarer fühlen – und ein bisschen davon kann ich immer mitnehmen.


*diese Reise fand tatsächlich noch statt – ein paar Tage nachdem wir zurück waren, befand sich Österreich im ersten Lockdown

Du hast Lust, auch mal dabei zu sein? Hier gehts zu den aktuellen Terminen:

Tanzreise nach Ägypten – Oktober 2024

zum Weiterlesen: Tagebücher aus Ägypten:

El Tanbura Konzert und Abschied von Kairo. Ägypten-Tagebuch Tag 9

Faszination Kairo – Kultur, Tanz und Kulinarik. Ägypten-Tagebuch Tag 8

Kairo – Um al-Dunya – Ägypten-Tagebuch Tag 7

Bawiti entdecken: Mumien, Berge und Dinosaurier – Ägypten-Tagebuch Tag 6

Tanzworkshop in Bahariyya – Tagebuch aus Ägypten Tag 5

Die Weiße Wüste – Tagebuch aus Ägypten Tag 4

Die Schwarze Wüste – Tagebuch aus Ägypten Tag 3

Von Gizeh nach Bahariyya – Tagebuch aus Ägypten Tag 2

Die Pyramiden von Gizeh – Tagebuch aus Ägypten Tag 1

Tagebuch zur Ägyptenreise 2022

Ashra Baladi Skriptum

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