Wie aus Fehlern Möglichkeiten werden – 3 Grundlagen

15. April 2016
Artikel aktualisiert am 02.01.2024

„Warum immer dieselben Fehler machen, wenn wir verschiedene machen können?“
Pavel Kosorin

Vor vielen Jahren habe ich ein Buch mit dem Titel „Ich möchte die Frau sein, die ich bin“ geschenkt bekommen. Ich weiß nicht mehr so genau, was darin stand – es waren Geschichten verschiedener Frauen. Aber der Titel ist mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Er sagt eigentlich alles. Wie wäre es, wenn wir genau so sein wollen, wie wir sind?

Wenn Frauen aufhören würden, schöner, dünner, jünger, schlauer, besser sein zu wollen? Wenn Perfektionismus, Leistungsdruck und Kontrolle total uninteressant wären?

Ich weiß nicht immer, wie gut mir das gelingt, aber genau diese Einstellung möchte ich in meinen Gruppen fördern. Und ich stelle mir immer wieder gerne eine Welt vor, in der Frauen sich nicht vergleichen, ihre Zeit nicht mit Selbstoptimierung und Angst vor Fehlern verbringen. Wieviel Zeit hätten wir dann für wirklich wichtige Dinge? Ich glaube – nein ich bin ganz sicher – die Welt würde anders aussehen.

Tanz zu Dir Selbst stellt einige Grundlagen dafür zur Verfügung.

1. Wahrnehmen was ist – Ressourcen entdecken

Wir beginnen mit achtsamer Körperwahrnehmung und stellen so unseren Ist-Zustand fest. Das was schon da ist. Fühlt sich mein Körper gerade angespannt, entspannt, warm, kalt, weich, hart oder irgendwie dazwischen an? Und dann akzeptieren wir diese Wahrnehmungen und widerstehen der Versuchung, das Wahrgenommene auch gleich zu bewerten: Entspannung ist gut, Anspannung ist schlecht, es ist nicht gut, dass ich gerade kalte Füße habe usw. Und dann achte und wertschätze ich alles, was ich wahrnehme. Alles, was ich an mir wahrnehme, ist wertvoll und macht Sinn.

Alle unsere sogenannten Schwächen und Fehler sind da, weil sie gerade im Moment die beste Möglichkeit zu unserer psychischen Stabilität sind. Das Problem ist nicht, was wir empfinden und wahrnehmen. Das Problem ist unsere Bewertung dieses Empfindens.

Das führt wahrscheinlich dazu, dass wir beginnen, unsere Normen und Vorstellungen darüber, wie wir zu sein haben, zu hinterfragen. Diese können durchlässiger und durchgängiger werden, andere Sichtweisen können zugelassen werden.

Das ist es übrigens, was Empfindungen und Gefühle unterscheidet. Empfindungen sind die unmittelbare Wahrnehmung unserer Umgebung. Gefühle sind Bewertungen unserer Wahrnehmungen und somit gut oder schlecht. Empfindungen sind einfach da, etwas ist warm, kalt, weich, hart – im Wahrnehmen einer Empfindung gibt es keine Bewertung.

Wie aus fehlern Möglichkeiten werden - gelbe und violette Blüten in weißer Schale

2. Umsetzen in Bewegung

Wenn wir dann in Bewegung kommen und uns mit den typischen Bewegungen, Schritten und Bewegungsprinzipien im Ägyptischen Tanz beschäftigen, haben wir die Möglichkeit unsere Fähigkeiten spielerisch auszuprobieren. Du spielst zum Beispiel mit den Kategorien schnell / langsam, hoch / tief, bestimmt / unbestimmt, kraftvoll / weich, angespannt / entspannt, fließend / schüttelnd / vibrierend und findest heraus, was Dir mehr liegt.

Und damit hast Du Deine Schätze, Ressourcen, Fähigkeiten, das was schon da ist, entdeckt. Dieser ressourcenorientierte Blick1 auf Dich selbst ist möglich, weil Du in Bewegung ganz automatisch das zeigst, was vorhanden ist. Du machst nicht von selbst Bewegungen, die Du nicht kannst, erkennst also nicht zuerst das was fehlt (auf Dein Verhalten übertragen: Deine Fehler und Probleme), sondern das was schon da ist (also Deine Fähigkeiten und Ressourcen).

3. Aus Mängeln werden Möglichkeiten

Die Entscheidung ob Du dann auch „das Andere“ ausprobieren möchtest liegt bei Dir. Es erfolgt eine Umkehrung des Mangeldenkens. Aus „Ich kann das nicht, mir fehlt diese Fähigkeit, dieses Wissen, ich bin dafür nicht gut genug, wenn ich das mache, ist es ein Fehler“ wird „das kann ich gut, das kann ich sogar besonders gut und das hier könnte ich ausprobieren wenn ich will, ich kann das probieren, sogar wenn ich dabei einen Fehler mache“.

Wenn Dir zum Beispiel die weichen, sanften Bewegungen besonders leicht fallen könntest Du ausprobieren wie es ist, mit viel Bestimmtheit kraftvoll aufzutreten. Und sobald Dich das zu verunsichern beginnt, ziehst Du Dich einfach wieder zurück auf das, was Du sowieso schon gut kannst (und inzwischen ja auch zu schätzen weißt!).

Was Dir das bringt? Mut zu neuen Schritten, einen entspannten Umgang mit Fehlern und möglicherweise sogar Spass daran 🙂

Eine der Grundannahmen in der Tanztherapie ist die Wechselwirkung von Körper und Psyche (Embodiment). Für Tanztraining und Psyche heißt das: Wenn bestimmte Bewegungen einfach nicht gelingen wollen, können mentale oder emotionale Blockaden der Grund dafür sein. Eine Veränderung unserer Wahrnehmung oder unseres Denkens kann also neue körperliche Möglichkeiten eröffnen. Genauso können wir aber unsere Gefühle, Gedanken und Stimmungen beeinflussen, wenn wir unsere Bewegung verändern. Das brauch den Mut, einen Fehler zu riskieren, eine Bewegung nicht gleich perfekt zu können.

Wir machen uns also körperlich-psychische Zusammenhänge bewusst, lernen das kennen, was wir schon gut können und haben die Gelegenheit mit viel Ungezwungenheit, Freude und Neugier Bewegungen auszuprobieren, die wir noch nicht können und so unsere Handlungsmöglichkeiten zu erweitern. Und ganz nebenbei lernen wir auch noch das Bewegungsvokabular im Ägyptischen Tanz kennen 🙂

Du hast Lust bekommen, das auch auszuprobieren? Dazu hast Du die Möglichkeit in Kursen, Seminaren und mehrtägigen „Reisen zu Dir Selbst„. Alle zur Zeit aktuellen Termine findest Du hier: astrid-pinter.at/termine


1 „Der Begriff der Ressourcenorientierung ist seit den 1980er Jahren im Gesundheitswesen und in psychosozialen Feldern anzutreffen. Dabei ist im Zuge der Ausbreitungs- und Etablierungsprozesse eine Unschärfe bezüglich der terminologischen Verwendungsweisen festzustellen. Im Kern bezieht sich Ressourcenorientierung auf subjektives Nützlichkeitserleben in spezifischen Kontexten und kann als Pendant zu Defizitorientierung (Pathogenese, problemorientierte Verfahren) gelten.“
Quelle: https://www.socialnet.de/lexikon/Ressourcenorientierung

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